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Wildpark jetzt ohne Wildschweine


Geforderte Maßnahmen zum Virusschutz nicht umsetzbar

Eine Ära im Wildpark in Warstein geht zu Ende:  Der Wildpark hat keine Wildschweine mehr.

Gezwungenermaßen, denn die wie ein Damoklesschwert über allen Tierparks wie auch Landwirten mit Schweinezucht schwebende „Afrikanische Schweinepest“ (ASP) ließ dem Vorstand des Trägervereins keine Wahl. Um den geforderten bestmöglichen Seuchenschutz zu gewährleisten, hätte man um das Gehege einen doppelten Maschendrahtzaun bauen müssen. Damit hätte man jedoch nur die Wildtiere von den Gehegetieren sicher getrennt, gegen den gefährlichsten Virus-Weiterträger, den Menschen, aber hätte man – vom Kreisveterinäramt gefordert – noch einen weiteren hohen Zaun bauen sowie Aufsicht und Öffnungszeiten einrichten müssen. Doch Besucherinnen und Besucher auszusperren, das kam für den Vorstand des Bilsteintalvereins nicht in Frage.

Die Haltung der Wildschweine im Wildpark im Bilsteintal hat eine lange Tradition. Viele Gäste kommen mit ihren Kindern immer wieder, um das Leben der Schweine, insbesondere der Frischlinge zu beobachten.
Mit dem Wildpark in Warstein ist seit je her die Absicht verbunden, die Tiere des heimischen Waldes erlebbar zu machen und da sind die Wildschweine als eine der größeren Tierarten besonders interessant. Sie waren für den Wildpark als einer der besonderen Anziehungspunkte von besonderer Bedeutung.

Deshalb stand auch die Erneuerung des Wildschwein-Geheges schon lange auf der To-Do-Liste des Bilsteintalvereins als Betreiber von Wildpark, Tropfsteinhöhle, Besucher- und Informationszentrum, Waldwirtschaft und Bogenparcours. Aber auch wenn der Wunsch nach der Zaunerneuerung weit vorne stand, zur Realisierung fehlte in den letzten Jahren die Kapazität bei den Ehrenamtlichen für diese Aufgabe. Immer wieder waren es unvorhergesehene Dinge, die die Planungen über den Haufen warfen, insbesondere im Bereich der Natur wie etwa das Eschentriebsterben oder der Borkenkäfer und die daraus resultierenden Käferfichten.

Nun ist es erneut eine „Naturkatastrophe“, die die Zukunftsplanungen des Vereins durchkreuzt. Im Nachbarland Hessen grassiert bereits die Afrikanische Schweinepest, entsprechend sensibel ist man beim Veterinäramt des Kreises Soest als zuständige Behörde bei diesem Thema. Die ASP ist eine für den Menschen ungefährliche Krankheit, die sowohl Wild- als auch Hausschweine infizieren kann, unheilbar ist und in den meisten Fällen zum Tod des Tieres führt. Die Übertragung kann von Schwein zu Schwein oder über kontaminierte Lebensmittel erfolgen. Um eine Ausbreitung der Schweinepest verhindern oder mindestens verlangsamen zu können, müssen schweinehaltende Betriebe – Bauernhöfe, Zoos, Wildparks, aber auch Privatpersonen – verschiedene Seuchenschutzmaßnahmen umsetzen.

Für den Bilsteintalverein und den Wildpark Warstein wären umfangreiche Zaunbauten erforderlich gewesen, wie das Veterinäramt des Kreises Soest deutlich machte – und zwar nicht irgendwann, sondern bin-nen kürzester Frist, sprich innerhalb eines Monats. Dazu wäre ein äußerer Maschendrahtzaun zu errichten – 150 Zentimeter hoch und zudem noch in den Boden eingegraben als sogenannter Unterwühlschutz. Dazu ein zweiter Zaun mit zwei Meter Abstand innerhalb des Geheges, um auf jeden Fall den gefürchteten „Nasenkontakt“ zwischen den Gehegetieren und den wilden Wildschweinen zu unterbinden. Knappe 500 Meter wären das jeweils gewesen, so groß ist der Umfang des Areals.

Weiterhin hätte eine „Hygieneschleuse“ eingerichtet werden müssen. Dieses System ist bereits in landwirtschaftlichen Schweinebetrieben erprobt. „Bei einer solchen Schleuse muss es die Möglichkeit geben, von der ‚Draußen-Kleidung‘ zur ‚stalleigenen Kleidung‘ oder bei uns ‚gehegeeigenen Kleidung‘ zu wechseln, damit beim Betreten oder Verlassen kein Keimaustausch stattfinden kann“, erläutert Betriebsleiterin Lena Hoffeld. Fahrzeuge, die für Instandhaltungsmaßnahmen ins Gehege müssen, müssten ebenfalls durch eine Hygieneschleuse, um diese zu reinigen und desinfizieren. Hintergrund ist, dass der Mensch vom Veterinäramt als Hauptrisiko bei der Übertragung eingestuft wird.

Aber nicht nur die Mitarbeitenden des Wildparks könnten versehentlich das Virus in das Gehege schleppen. „Ein Hauptübertragungsweg der Afrikanischen Schweinepest ist die illegale Entsorgung von Lebensmitteln tierischer Herkunft, zum Beispiel durch Rohwurst oder Rohschinken. Das Virus kann hierin mehrere Monate überleben“, informierte Dr. Martina Poppe, Leiterin des Veterinäramtes des Kreises Soest die Bilsteintaler. Somit bereite der freie, unbegrenzte Zugang zum Wildschweingehege die größten Sorgen. „Um einen ausreichenden Schutz vor illegalem Eintrag von möglicherweise kontaminierten Lebensmitteln zu geben, müsste das gesamte Gelände um das Schwarzwildgehege herum separat mit einem nicht zu überwindenden Zaun eingefriedet werden und der Zugang nur zu bestimmten Zeiten, in denen die Aufsicht über dieses Gelände sichergestellt wäre, möglich sein“, so Dr. Martina Poppe. Entsprechend hoch waren die Forderungen des Kreisveterinäramtes an den Bilsteintalverein über die offiziellen Empfehlungen für normale Schweinehaltung hinaus.

Für die Verantwortlichen des Bilsteintalvereins waren die Forderungen erstmal ein Schock, nach entsprechenden Erläuterungen nachvollziehbar, aber eben nicht umsetzbar: „Ein neuer Zaun rund um das Gehege ist das eine“, so Vorsitzender Bernd Belecke. „Das hätten wir vielleicht noch gestemmt bekommen.“ Aber ein weiterer (Besucher-)Zaun und damit kein freier Zutritt mehr, das widerspreche dem Konzept des Vereins: „Wir wollen einen kostenlosen Zugang rund um die Uhr zu unserem Naturerlebnis Bilsteintal ermöglichen, da passt einfach kein Zaun zu.“

„Wir haben alles geprüft, um eine andere Lösungen zu finden, aber es gab keine Chance, den Wildschweinbestand und den Wildparkbesucherinnen und -besuchern das Erlebnis mit den Wildschweinen zu erhalten.“  so Bernd Belecke, Vorsitzender des Bilsteintalvereins. Und so kam man nicht umhin, das Wildschweingehege in enger Abstimmung und Zusammenarbeit mit dem Kreisveterinäramt aufzulösen.

Neues Konzept für leeres Gehege

Und was passiert nun mit dem seit Mitte der Woche leeren Gehege? „Es wird dort weitergehen, das ist sicher“, so Bernd Belecke: „In diesem großen Areal mitten im Wildpark werden auch zukünftig Tiere zu beobachten und erlebbar sein, die auch in unseren Wäldern heimisch sind. Erforderlich wird dafür in jedem Fall der Neubau des Geheges, für dessen Finanzierung der Verein allerdings noch Unterstützung benötigt. Wir werden dazu innerhalb des Vorstandes über den Winter beraten, sicherlich auch mit externen Fachleuten, um ein entsprechendes Konzept zu entwickeln.“ Sicher ist bereits, dass man den Gehegeneubau nutzen wird, um die Infrastruktur im Tal weiter zu verbessern. So ist angedacht, die Wege rund um das (nun ehemalige) Wilschweingehe zu optimieren und zudem zwischen Gehege und Bachlauf eine Freifläche zu schaffen. Diese soll multifunktional sein, beispielsweise mit Sitzgelegenheiten für Besucherinnen und Besucher ebenso wie für Schulklassen oder Gruppen.